Windelfrei-Workshop mit Nicola Schmidt in Dresden

Nicola Schmidt, Buchautorin und Gründerin des artgerecht-Projektes, kam am 2. März 2017 für einen Windelfrei-Workshop nach Dresden. Ihr Workshop richtet sich an Stillberaterinnen, Stoffwindelberaterinnen, Trageberaterinnen, Hebammen und weiteres Fachpersonal.

Was ist Windelfrei?

Weniger Windeln, weniger Müll. Aber wie? Es ist ein uralter Trick: So wie Eltern irgendwann sehen, wann ihr Baby müde ist und Hunger hat, werden sie sehen, wann es mal muss. Vorausgesetzt, sie wissen, worauf sie achten müssen. Somit erklärt sich auch, wieso ca. 80 Prozent aller Babys weltweit ohne Windeln groß werden.

In ihrem Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekt www.babysohnewindeln.de zeigen Nicola Schmidt und Julia Dibbern Eltern und Profis die sanfte Kommunikation mit den ganz Kleinen.

Basiswissen Windelfrei

„Windelfrei – wie soll das denn gehen?“

„Das ist doch viel zu aufwändig!“

„Das ist doch völlig verfrühtes Sauberkeitstraining!“

„Das Kind kriegt ja einen Knacks!“

Windelfrei wird oft ganz falsch verstanden. Windelfrei heißt einfach: Wir nehmen die Zeichen wahr, wenn das Baby mal muss und bieten abhalten an.

Artgerecht sauber bleiben heißt: abgehalten werden. Menschenbabys sind von Geburt an fähig und willens, ihre Träger nicht zu beschmutzen. Die Wissenschaft weiß das schon lange. Wir wissen es jetzt auch.

 

Babys können das

Babys sind von Geburt an „dicht“ und sie können ihre Blase vollständig entleeren. Sie „machen“ nur, wenn sie wach oder zumindest halbwach sind. Sie merken – auch im Schlaf – wann es soweit ist und teilen dies vom ersten Tag an mit. Babys können warten, bis man sie ausgezogen hat. Babys können mit fünf bis sechs Monaten mit Hilfe der Eltern „ausreichend“ sauber sein. Wann Kinder sauber werden können, hat mehr mit der Überzeugung der Eltern als mit den Kindern selbst zu tun.

 

Eltern können das

Sobald Eltern wissen, worauf sie achten müssen, lernen sie die Signale ihres Babys kennen und deuten. Eltern wissen dann, wann ihr Kind Hunger hat oder müde ist. So wissen sie ganz schnell auch, wann es Zeit fürs Abhalten ist. Eltern können lernen, Timing, Signale und Intuition zu benutzen, um ihren Babys schon früh behilflich zu sein. Eltern können weiterhin Windeln benutzen, um nicht nass zu werden – die positiven Effekte bleiben!

 

Gut für die Babys

Die Babys behalten das Körpergefühl für ihre Ausscheidungen – wir müssen es ihnen nicht mühsam zwei Jahre später wieder antrainineren. Babys werden nicht wund, sie liegen ja nicht ständig in ihren feuchten Windeln (auch wenn sie mal welche anhaben). Der Po kommt regelmäßig an die frische Luft. Verstopfung und Bettnässen wird vorgebeugt. Es gibt keine Kämpfe auf dem Wickeltisch, weil ein Kleinkind sein Ich entdeckt, aber noch nicht sauber ist.

 

Gut für die Eltern

Die Eltern haben langfristig weniger Arbeit und weniger Ausgaben, weil sie weniger Wickeln müssen und weniger Windeln kaufen/waschen. Eltern haben die Wahl – Wickeln oder nicht. Eltern sparen sich das "Sauberkeitstraining".

 

Gut für die Umwelt

In Deutschland fallen pro Tag rein rechnerisch 8,5 Millionen Wegwerfwindeln an. Windeln sind ein riesiges Müllproblem, müssen verbrannt oder gelagert werden. Und es werden immer mehr. Pampers hat jetzt Windeln für Fünfjährige herausgebracht, weil immer mehr Kinder nachts immer später trocken werden.

Das sagt die Wissenschaft

Bereits 1977 gab es eine Studie aus Ostafrika, in der die Forscher konstatierten: Wann ein Kind sauber wird, hängt offenbar weniger von der Biologie ab als davon, was die Eltern erwarten. Eine aktuelle Studie aus Vietnam bestätigt dies 35 Jahre später: Kinder, die von Geburt an abgehalten werden, behalten ihr Körpergefühl, melden sich, wenn wie mal müssen und werden schneller selbstständig sauber.

Die ganzen Mythen (Neugeborene haben eine „überlaufende Blase“, Kinder pinkeln im Tiefschlaf etc.) haben bisher keiner Untersuchung stand gehalten. Die Blase von Neugeborenen ist „dicht“! Babys pinkeln nicht im Tiefschlaf, sondern merken und signalisieren auch nachts Harndrang. Die weit verbreitete Annahme, dass Kinder erst mit drei Jahren sauber sein können, ist völlig unbelegt.

 

Ist das nicht total stressig?

Nein, windelfrei ist überhaupt nicht stressig. Es wird anstrengend, wenn Eltern versuchen, bei jeder Ausscheidung zur Stelle zu sein. Aber wer wollte das tun? Man hat ja noch ein Leben! Das Konzept kommt aus warmen Gegenden, in denen kleine Kinder viel nackt draußen sind. Da das in Deutschland meistens nicht geht, nutzen wir Stoffwindeln oder andere Kleidung, die verhindert, dass die Kinder nass werden, wenn wir gerade nicht abhalten. Und wir halten ab zu den Zeiten, zu denen wir es sicher wissen. So einfach! Der Effekt bleibt: Die Kinder behalten ihr Körpergefühl und können uns früh mitteilen, wenn sie müssen. Wir helfen ihnen bis sie es alleine hinkriegen – und das ist bei Windelfrei-Kindern trotz Windeln oder Backups viel früher der Fall als bei Vollzeit-Wickelkindern unserer Tage.